300 km Tagestour von Kassel nach Fürth
Es wurde Zeit, nach zwei Jahren Corona-Pandemie mal wieder etwas länger auf dem Fahrrad zu sitzen und zu gucken, was so geht. Also habe ich mir vorgenommen, die Strecke Kassel - Fürth als 300 km Tagestour zu fahren. So viel vorweg: nach 260 km hatte ich erstmalig Erschöpfungsgefühle und nach 270 km hatte ich keine Lust mehr, mein Vorderrad im 10-Minuten-Takt bei 2°C wieder aufzupumpen. Aber der Reihe nach! hier mein Bericht:300 km Anfang Februar. Was hatte ich dabei?
Nun, ich hatte keine Ahnung, was den Zustand meiner Fitness betrifft. So habe ich beschlossen, zur Sicherheit das Schlaf-Equipment einzupacken: Bivy, Isomatte, Schlafsack, Kopfkissen. Und weil es Anfang Februar war, habe ich natürlich Winterkleidung mitgenommen. Etwas Werkzeug, bisschen Essen und Trinken, fertig.Kilometer 0 bis 100
Heringen an der Werra
Da habe ich mich am 7. Februar nach einem kleinen Frühstück (morgens bringe ich nichts runter) gegen 7.30 Uhr mit dem Ziel auf den Weg gemacht, spätestens am 8. Februar um 7 Uhr morgens in Fürth die Wohnungstür aufzuschließen. Es ist immer das Gleiche: man schlängelt sich durch den Stadtverkehr und ist einfach nur froh, wenn die Autos weniger werden: raus aus der Zivilisation! Um 8 Uhr habe ich mich dann in Niederkaufungen beim Bäcker nochmal mit einem umfangreichen Frühstück versorgt, um gestärkt Richtung Hessisch Lichtenau weiterzufahren.
Die ersten 100 km waren von allen Wetter geprägt: Hagel, Regen, Wind, Schnee, Sonne - alles dabei! Ich war froh um meine Ausrüstung. Bei Kilometer 101 wurde ich dann mit Sonne, einer Bockwurst mit Bauzener Senf und einer Semmel, Coca-Cola, Kaffee und Kuchen belohnt. Ein großartiges Gefühl, mal wieder Strecke zu machen und zu essen, worauf ich Lust habe. Ich habe mich richtig wohl gefühlt, kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus!Kilometer 101 bis 230
Graupelschauer, Wind und Kälte
Im Schwung der ersten 100 km habe ich mich dann durch Rhön und Hassberge treiben lassen. Vor der Rhön hatte ich etwas Respekt. Die hat mich an der Grenzsteintrophy ganz schön Körner gekostet. Seither hat sie Endgegner Charakter für mich. Aber es ging erstaunlich gut. Vielleicht lag es auch daran, dass es konstant im einstelligen Temperaturbereich war. Da fährt es sich einfacher als bei 35°C im Schatten. Ich habe mich also etwas versöhnt mit der Rhön. Nach rund 200 km Gesamtstrecke wurde die Tour auch merklich flacher, die rund 2.000 hm waren überwunden. Jetzt plätscherte es etwas vor sich hin und es wurde rasch dunkel.Kilometer 230 bis 300
Letzter Proviant, in der Nacht verputzt
Nach 230 km hatte ich die zweite große Pause. In einer dunklen Tankstelle kurz vor Bamberg habe ich meine Vorräte gänzlich aufgegessen und getrunken, um für den letzten Abschnitt genügend Energie zu haben. Dabei habe ich meinen Vorderreifen beäugt und seine Kriegserklärung vorgelegt bekommen: ständiger Luftverlust, trotz Dichtmilch. Ist es das Ventil? Keinen Plan - weiterfahren. In nahezu jeder Kurve geschwommen, angehalten, gepumpt, weitergefahren. Temperatur: 2°C, Nebel am Europakanal, kalte Finger, Ventil aufschrauben, Pumpe zusammenstecken, pumpen ... ich glaube, ich muss da nicht weiter ins Detail gehen. Als ich dann erkannt habe, dass das Licht am Horizont zur Stadt Erlangen gehört, habe ich nochmal richtig Energie gewonnen und mich bis ans Ziel Fürth durchgekämpft: 4 Uhr. Drei Stunden vor Plan, abzüglich Reifengepumpe wäre ich wahrscheinlich um 2 Uhr angekommen.Fazit
Der glückliche Chris
Es hat gut getan festzustellen, dass die Corona-Pandemie mich nicht signifikant geschwächt hat und ich an den Leistungsstand vor 2020 anknüpfen konnte! Das hat mich extrem motiviert. Wobei es mir nicht um Bestzeit ging. Erlebnis vor Ergebnis.