Winter-Overnighter am Rennsteig
So habe ich es mir vorgestellt: ein tief verschneiter Rennsteig am 1. Advent 2019. Und ich: mittendrin mit Fahrrad und Stirnlampe durch den Schneesturm kämpfend, ein Nachtquartier suchend. Ein echtes 24-Stunden-Abenteuer. So viel zur Phantasie. Die Realität: von Forstmaschinen und Regen aufgeweichter Boden, alles voll Matsch und Schlamm. Bergauf dreht das Hinterrad durch, bergab vooorsichtig im Kegel des Scheinwerfers möglichen Schlammlöchern im Schritttempo ausweichen. Aber fangen wir von Vorne an!
Freitag, 29.11.2019, 17:38 Uhr
Eisenach, 20:22 Uhr
Es war endlich soweit: ich habe Eisenach erreicht. Ein letzter Schluck Tee, das Telefon montiert und das Ziel eingegeben: der Rennsteig.
Mein "Winter-Overnighter am Rennsteig"-Route führte mich durch das nächtliche Eisenach. Soweit ich sehen konnte recht schön dort! Der rot leuchtende Weihnachtsmarkt war ja mein ursprüngliches Ziel, mich trieb es aber aus der Stadt, also fuhr ich einen Bogen um den Markt.
Kaum habe ich Eisenach verlassen, ging es gefühlt nur noch bergauf. Je weiter ich kam, desto langsamer kam ich voran. Der Regen in den Tagen davor hatte den Boden so aufgeweicht, dass ich mich nur sehr langsam im Thüringer Wald vorwärts arbeiten konnte.
Gast in der Natur
Es war ein wundervolles Gefühl, nachts Gast in der Natur zu sein. Wenn der Abstand zu den Häusern immer größer wird, die Nacht immer dunkler und kälter. Großartig. Irgendwann sah’ ich im Scheinwerferlicht Rehe über meinen Weg lautlos huschen … es knackte links im Wald, es raschelte rechts im Wald. Plötzlich gab es großes Geschrei – eine Wildsau rannte mit ihren Jungen vor meinem Fahrrad her. Aber sie hatten mehr Angst vor mir als ich vor ihnen.
Der Nebel bat mich ins Bett…
Nach knapp 39 km und 810 hm ging es immer zäher voran. Der Nebel verkürzte zusätzlich meine Sicht auf zwei bis drei Meter. So entschloss ich mich, mein Nachtlager aufzusuchen. Das war garnicht so einfach bei der Sicht. Dann fand ich eine passende Stelle. Sah’ einwenig wie eine Bushaltestelle im Wald aus …
Hier sollte also der Höhepunkt meines Mikroabenteuers stattfinden: -4°C, Wind pfeift durch die Baumwipfel und ich mit Stirnleuchte im Nebel. Großartig! Ich rolle also meine Luftpolsterfolie aus, darauf den Schlafsack und dann … dann bin ich mit kompletter Klamotte in den Schlafsack gerutscht.
8:00 Uhr – Abfahrt ins Tal – ab nachhause!
Am nächsten Morgen habe ich meine Sachen wieder zusammengepackt und den Platz – natürlich – so hinterlassen, wie ich ihn vorgefunden habe.
In Windeseile ging es nach Brotterode zum Dorfbäcker auf einen Pott Kaffee und ein leckeres frisches Teilchen für ganze zwei Euro zwanzig. Dann noch 15 km bergab bis zum Bahnhof in Breitungen/Werra und ab in den Zug nach Fürth.